Skype mit Bild? Facetime auf dem Handy? Bis zur Zoom-Party von Texterkollegin Christa Goede am ersten Samstag des großen Lockdowns lehnte ich alles mit Bild kategorisch ab. Seither habe ich durch die Pandemie reichlich dazu gelernt. Leise denke ich #dankecorona. Alles hat seine Vorteile. Und online sehe ich eigentlich ganz gut aus.
Jeden Morgen begegne ich mir selbst in Zoom. Mit großer Freude, denn pünktlich wie ein Uhrwerk läutet Dr. Kerstin Hoffmann die Morgenrunde der Gruppe Home Office und Digitales Arbeiten ein. Bereits in der vierten Woche treffen sich teils mehr als 30 Menschen online via Zoom. Das verbindende Thema ist digitales Arbeiten und Home Office. Es ist eine Gruppe, die zusammenwächst. Vom bilateralen Austausch über praktische Hilfe bis zu virtuellem Walken und Fachbuchtipps ist alles dabei. Experten teilen ihr Wissen zu Tools wie Trello oder Adobe Connect. Sie erzählen was bei der Moderation vor der Kamera wichtig ist. Ich darf bei Markus Tirok über „So-nicht-Beispiele“ wie Kronleuchter und Socken im Hintergrund lachen. Ab jetzt weiß ich, dass mein Laptop zwecks besserem Kamera-Blickwinkel mindestens zwei große Wälzer braucht. Wenige Stunden später liegt nachmittags ein Set an Zoom-Kärtchen auf dem Tisch, das die Kollegin Renate Welkenbach mit schnellem Strich gezeichnet hat. Dynamik pur. So viel Gutes. Wie lässt sich da ein leises #dankecorona beiseite schieben?
Struktur ist die halbe Miete
In der vierten Woche sind mir die Gesichter dieser Morgenrunde nicht nur ans Herz gewachsen. Es ist mehr. Die Morgenrunde gibt mir in diesen Zeiten des Rückzugs Struktur. Punkt halb neun startet der Tag mit Kommunikation, Lernen und Lachen. Das ist selbst für einen Home-Office-Profi wie mich die halbe Miete. Der Rest ist Selbstdisziplin. Denn die üblichen Abläufe sind eingeschlafen. Events finden nicht statt. Projekte sind verschoben. Akquise stockt. Also richtet sich meine Konzentration auf den Endspurt in der Fortbildung „Content Marketing“ und auf das erste eigene Fachbuch, das sich an die Assistenzebene der Logistikbranche richten wird. Praktisch und mit sofort umsetzbarem Wissen, Checklisten, Praxisbeispielen und Tipps für die Kommunikationsarbeit kleinerer KMU in der Logistikbranche. Gar nicht so leicht. Auch hier spielte mir der Zufall oder der Virus eine Chance in die Tasche, mit der ich so nicht gerechnet habe.
Umgang mit Zeit ist gar nicht leicht
Der Zufall trägt den Namen Cordula Natusch. Eine sachlich-ernste Expertin für Texte und Bücher in Hamburg. Durch die Pandemie und den Ausfall der Buchmesse in Leipzig war sie gezwungen ihre Präsenz-Workshops in die Online-Welt zu übertragen. In der ersten Woche des Shutdowns startete sie eine kleine Gruppe, sozusagen als Testgruppe. Aber es war viel mehr als das. Es war großartig. Jeden Tag um 11 Uhr gab es einen 30 Minuten Input zum Thema Fachbuch. Zielerreichung, Thema, Leser, Konkurrenzanalyse, Gliederung – mit ihrer Hilfe hangelte ich mich quer durch mein Fachgebiet. In der zweiten Woche stand der erste Aufriss. Die Arbeit geht weiter. Noch ist es viel zu viel Stoff. Ich entrümple, fokussiere und formatiere schon mal die Manuskriptseiten. Mit Cordula Natusch und den hilfreichen Feedbacks der Kolleginnen Jutta Metzler und Sabine Holicki aus der Morgenrunde setze ich das in die Tat um. Vor vier Wochen waren mir diese Menschen noch gänzlich unbekannt. Wieder ein leises #dankecorona.
Namen werden zu Menschen
Zurück zur Selbsthilfegruppe um Dr. Kerstin Hoffmann. Sie macht das großartig. Jeden Morgen mit voller Kraft moderiert sie den bunt zusammengewürfelten Haufen. Bremst ein, wo nötig, baut dem nächsten Thema kompetent plaudernd Brücken, greift Ideen auf und gießt sie unermüdlich in Pläne. Bei meinen ersten eigenen Moderationsexperimenten mit Zoom muss ich an sie denken. Die aufrecht-kompetente und freundliche Ausstrahlung mit der sie souverän die Bühne für den Austausch baut, nehme ich mir zum Vorbild. Mein Übungsfeld sind die Mitglieder des Logistik Cluster Schwaben. Die Idee ist spontan entstanden. Ingrid Eibner, die Geschäftsführerin war sofort dabei als es zum ersten Mal hieß „Zoom-Tisch, Logistik Cluster Schwaben“. 24 Stunden später saßen wir, mit passendem Abstand und schwäbischem Vesper inklusive Riegele-Bier, vor dem Rechner. Aus den kleinen Zoom-Bildern schaute mich die schwäbische Logistikwirtschaft an. Nach dem Vorbild von Dr. Kerstin Hoffmann moderierte ich die Gruppe eine Woche lang zu den Themen Tools, Zukunft, Best Practice, Entwicklung und zum Schluss einer offenen Runde. Beschwingt wieder ein #dankecorona, du eröffnest Lernfelder.
Nähe entsteht über Abstand
Dies sind ein paar Beispiele für Veränderungen, die sich aus der von oben verordneten Ruhe ergeben haben. Um mich herum ist Zuversicht, beispielloses Miteinander von gegenseitiger Hilfe bis zum praktischen Tipp für den richtigen Mundschutz. Trotz der hohen Fallzahlen mit Kranken und Toten, trotz der sicherlich noch kommenden Insolvenzen bei Logistikern ohne ausreichend Polster in der falschen Branche und ja auch trotz eigener Ängste, flüstere ich ein #dankecorona. Denn alles hat sein Gutes. Ohne Virus, hätte es das alles nicht gegeben.